![]() | Nicht jeder hat das Privileg, einen Tag mit Lara Gut, dem Tessiner Skistar, zu verbringen. An ihrer Seite einen Weltcup-Sieg zu erleben grenzt also fast an ein Wunder! An einem Februar-Wochenende in La Thuile hatten wir dieses Glück, das wir hier mit Ihnen teilen. Lara Gut ist nicht nur eine aussergewöhnliche Skifahrerin. Ihre Spontanität, ihre Freundlichkeit, ihr strahlendes Lächeln und ihre Lebensfreude ermöglichen ihr, auch über ihren Sport hinaus zu strahlen und die Ikone einer ganzen Generation von Schweizern zu sein. Sie erweckt den Eindruck, dass ihr alles leicht fällt und Freude macht. |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() | Doch man sollte nicht vergessen, dass auch Disziplin und Durchhaltevermögen wichtige Zutaten dieses Cocktails sind. Das verstehen wir sehr schnell, als wir Lara am Freitag um 7 Uhr 45 für ihr Aufwärmtraining in ihrem Hotel im italienischen Thuile treffen, wo das neuprogrammierte Weltcup-Rennen stattfinden wird, das wegen schlechter Wetterbedingungen in Crans-Montana verschoben wurde. Aber schon beim Aufstehen, wenn sie ihren Körper aufweckt und ihn für die zahlreichen Herausforderungen des Tages vorbereitet, strahlt sie bereits. Zwar ist heute ein Wettkampftag, aber Lara trainiert am Morgen trotzdem im Super-G, unter den Augen ihres Vaters, der sie seit jeher als Coach begleitet. Bei der Familie Gut ist Skifahren übrigens Familiensache, denn ihr kleiner Bruder Ian nimmt an FIS-Rennen und ganz aktuel an der Junior-Weltmeisterschaft teil. „Seine Stärke sind die technischen Disziplinen, wenn’s um Schnelligkeit geht, ist das mein Ding!“, erklärt sie mit einem Augenzwinkern. Ein paar im Höllentempo durchfahrene Tore später, und es ist bereits Zeit, sich die Abfahrtsstrecke anzusehen. 30 Minuten, um sich von der schwindelerregenden Piste beeindrucken zu lassen und ihre potenziellen Fallen zu entdecken. Abfahrtslauf ist ein Extremsport, der schnellste im Ski alpin, bei dem kein Raum für Fehler ist. Bei über 100 Stundenkilometern muss alles unter Kontrolle sein, alles antizipiert werden, um keinen Fehler zu riskieren, der fatal sein könnte. Das mit roten Toren bestückte Eisband scheint unter unseren Skiern wegzugleiten, als auch wir die Abfahrt wagten, um uns des Ausmasses dieses Wettkampfes und des dafür nötigen Einsatzes bewusst zu werden. Um 12 Uhr 24, als Lara sich am Starttor abstösst, hat sie alle Besorgnisse hinter sich gelassen. Ihre über 2 m langen Skier scheinen wie von Magneten gehalten auf dem Schnee zu haften und sie braucht weniger als 96 Sekunden, um die hinterhältige Franco Berthod Piste von 2,5km Länge zu bezwingen. Sie verweist die bisher schnellste Fahrerin mit einem Abstand von fast einer Sekunde auf den zweiten Platz, unter den Hochrufen eines begeisterten transalpinen Publikums. Jetzt müssen wir nur noch während der Abfahrt von Lindsey Vonn die Luft anhalten, ihrer grössten Rivalin, mit ihren 76 Siegen, die Königin der Piste. Die Spannung dauert nicht lange, denn Lindsey verliert im ersten Drittel des Parcours einen Ski. Lara kann ihren Sieg geniessen. Sie jubelt nicht, aber sie geniesst ihren 18. Sieg, mit dem sie temporär die Spitzenposition im allgemeinen Klassement der Weltmeisterschaft erobert hat, und sie vor allem wieder knapp vor ihre Konkurrentin Lindsey Vonn im Rennen um den Gesamtweltcup positioniert. Ihr Lächeln sagt alles über die Zufriedenheit aus, die sie über die erfüllte Aufgabe empfindet. "Es ist verdammt viel Arbeit, um bis zu diesem Punkt zu kommen, und man muss immer versuchen, sich zu verbessern und seine Grenzen zu verschieben. Jeden Tag kann man Hundertstel von Sekunden gewinnen und kleine Details verbessern, und das ist das Faszinierende an der Sache!“ Schon morgen, wenn sie auf dem Podium steht, um die Belohnung für ihren Sieg zu empfangen, wird sie daran denken. Keine Zeit, den Erfolg zu feiern, denn gleich anschliessend findet die Pressekonferenz statt, eine Mahlzeit, ein Nickerchen. Es ist erst 18 Uhr, als wir Lara in ihr Zimmer begleiten, wo sich eine Physiotherapeutin um sie kümmern wird. Und sie überrascht uns aufs Neue, als sie uns ankündigt, dass sie gleich anschliessend während 45 Minuten ein Fitnesstraining geplant hat. "Unsere Tage sind gut ausgefüllt, aber man muss daraus eine positive Energie schöpfen! Und das alles für ein Rennen von 95 Sekunden bemerkt sie mit einem strahlenden Lächeln. Die Anstrengung scheint ihrer Lebensfreude und ihrer Motivation, ihre Disziplin zu beherrschen, nichts anzuhaben. Lara schwindelt nicht, und es macht Freude, ihre Ehrlichkeit zu spüren. Wenn sie sich also an ihre Visilab-Fans wendet, hofft man, sie ganz schnell wieder auf den Skiern zu treffen. ![]() © Text und Fotos : Timothée Nalet - Peignée Verticale |